Turbinentanker
„Ioannis Colocotronis“
Bau-Nr.1390
Schiffstaufe am 7. November 1974
Am Donnerstag den 7. November 1974 wurde der erste
385.000 Tonnen-Tanker,
aus einer Bau-Serie von mehreren Tankern der Werft,
auf der AG „Weser“ getauft.
Diese neue Tanker-Schiffsklasse, die unter der Bezeichnung „Europa-Tanker“ auf der AG “Weser“ entwickelt wurde,
war der größte bis dahin in Europa gebaute Öl-Tanker.
Für die Londoner Colocotronis-Gruppe
wurde das erste Schiff dieser
neuen Tanker-Klasse gebaut.
Folgende Abmessungen hatten die „Europa-Tanker“:
Eine Länge über alles von 370 Meter, 64 Meter Breite sowie eine Seitenhöhe von 28,60 Metern.
Trotz ihrer Größe hatte der Tanker bei voller Beladung
nur einen Tiefgang von 22 Metern.
Etliche europäische Häfen hatten sich schon auf diese Wassertiefe eingestellt, so war es dieser Tanker-Klasse möglich diese Häfen anzulaufen.
Weitere Superlativen des Großtankers:
Auf dem Oberdeck hätten fünf Fußballfelder platz gehabt. Die Ruderfläche hatte einer Größe von 142 Quadratmeter, dieses entsprach einer Wohnfläche eines Einfamilienhauses. Bei Befüllung der Ladeöltanks mit Benzin könnten
310.000 Autofahrer ein Jahr lang fahren
51.500 Tonnen Stahl wurden beim Bau
des „Europa-Tankers“ verbraucht.
Trotz dieser gigantischen Größe der Tanker blieb die Besatzungsstärke bei 35 Mann.
Die gebauten 255.000 Tonnen-Tanker der AG „Weser“ besaßen die gleiche Besatzungsstärke.
Zur Taufe des Tankers hatte der Reeder Colocotronis zahlreiche Gäste aus England, Griechenland und andere Nationen, die Kontakt mit der Reederei unterhielten, eingeladen.
Vor der Taufzeremonie kamen die Hauptpersonen der Taufe noch zu einem Erinnerungsfoto vor der Blumen und Fahnen geschmückten Tribüne zusammen.
Anschließend begrüßte Herr Peter Hansen-Wester, Vorstandsmitglied der AG „Weser“, die Gäste.
In seiner Ansprache erinnerte er noch mal an die Entwicklungsphase des Supertankers.
1972 hatten die Konstrukteure der AG „Weser“ mit der Planung der Tanker-Klasse begonnen,
nachdem mehrere europäische Häfen ankündigten,
ihre Häfen auf eine Wassertiefe von 72 Fuß (22 Meter) auszubauen.
In den Konstruktionsbüros wurden daher Überlegungen angestellt,
ein Tanker zu konstruieren der bei so einem Tiefgang eine Maximum an Ladung transportieren könnte.
Das Ergebnis war ein Super-Tanker von 385.000 Tonnen. Aufgrund der speziellen Konzeption wurde das Schiff „Europa-Tanker“ genannt.
Schon 1972 interessierte sich der Reeder Colocotronis
für den Tanker und gab
noch im selben Jahr zwei Tanker in Auftrag,
als sich andere Reeder noch abwartend zeigten.
Hierfür bedankte sich Hansen-Wester besonders bei dem Reeder Colocotronis.
Mittlerweile habe die Werft weitere Aufträge erhalten und die Arbeitsplätze seien auf Jahre gesichert.
Allerdings sei der Bau eines solchen Tanker nicht ohne größere Vorbereitungen möglich gewesen.
Der Helgen V wurde für den Bau verlängert, ebenfalls mussten eine Reihe von hafenbaulichen Maßnahmen umgesetzt werden.
Auf Wunsch des griechischen Reeders wurde das Schiff vom griechisch-orthodoxen Erzbischof gesegnet.
Vassiliki Colocotronis, Taufpatin des Tankers,
taufte das Schiff auf den Namen „Ioannis Colocotronis“. Nachdem Sie das Seil zog löste sich die Verankerung
der blumengeschmückten Champagnerflasche
und zerbrach an der Bordwand.
Unter großem Beifall von den Taufgästen und den Werftarbeitern ging die Taufzeremonie zu Ende.
Zum Stapellauf kam es an diesem Tag aber nicht,
Hansen-Wester bat um Verständniss – bei einer Größenordnung dieses Schiffes war die Sicherheit aller Gäste nicht zu gewährleisten.
Außerdem müssten einige Voraussetzungen gegeben sein. Durch den Tiefgang des Tankers war es erforderlich den höchsten Wasserstand abzuwarten,
ebenfalls durfte der Wind nicht zu stark sein da die Wandhöhe eine große Windangriffsfläche bot.
Den Gästen bot sich aber nach der Taufe die Möglichkeit den Super-Tanker zu besichtigen.
Über eine Leiter, sowie einem Lift war es den Gästen möglich an der hohen Bordwand das Schiff zu erklimmen. Auf dem Oberdeck bot sich den Gästen ein Blick über den „Europa-Tanker“ sowie dem Werftgelände.
Ebenfalls war es möglich durch den Dunst die Bremer Silhouette verschwommen zusehen,
ein Anblick der bei den Gästen eine bleibende Erinnerung hinterließ.
Stapellauf
10. November 1974
Der Stapellauf war von der AG „Weser“ für den Sonntag den 10. November um 11.00 Uhr geplant. Am Freitag vor dem Stapellauf wurden die letzten Vorbereitungen getroffen.
Am Sonnabend Abend erhielt die Werft
zunächst eine Sturmwarnung,
kurze Zeit später gab es auch noch
eine Hochwasserwarnung für den Sonntag.
Daraufhin wurden Vorkehrungen getroffen das Schiff
früher vom Helgen ablaufen zu lassen als geplant.
Durch Stapellaufversuche und Berechnungen der Werft wurde ein optimaler Wasserstand von 3,30 Meter über SKN (Seekartennull) ermittelt.
Gegen 9.00 Uhr war alles klar für den Stapellauf.
Der Sturm blieb aus, trotzdem bekam die Weser über normales Hochwasser.
Gegen 10.30 Uhr hatte der Werfthafen den erforderlichen Wasserstand erreicht.
Auf Steuerbordseite war versehentlich
eine Perlontrosse geslipt,
sie wieder einzuhängen hätte zu viel Zeit gekostet.
So kam das Kommando Stopper los um 10.45 Uhr,
das Schiff lief ohne
die Pressen zu drücken vom Helgen.
Im Werfthafen kam der Tanker sicher zum stehen.
Bevor die Schlepper das Schiff festmachen konnten
kam es nochmal in Fahrt und berührte eine Ecke
an der Pier VI,
die mit alten Perlontrossen geschützt wurde.
Gegen 15.00 Uhr lag der Tanker an der Pier IV fest.
Der Vorstand teilte mit,
dass der Stapellauf unseres Neubaus 1390
ein Meilenstein in der technischen Entwicklung
der Werft sei.
Die „Ioannis Colocotronis“ war mit ihrem Ablaufgewicht
von fast 60.000 Tonnen das mit Abstand
größte Schiff der Welt,
das jemals vom Stapel gelaufen ist.
Der technisch aüßerst komplizierte Vorgang hätte nicht besser laufen können
(die kleine Schramme am Bug wollen wir nicht zählen). Ausschlaggebend hierfür waren zwei Gründe.
Wir hatten mit dem Wind und dem Wasser Glück.
Weiterhin hatten wir uns technisch sehr sehr sorgfältig vorbereitet.
Anfang 1972 hatte die sogenannte Arbeitsgruppe „Stapellauf“ begonnen alle Probleme
bei einem Stapellauf eines so großen Schiffes
gründlich zu studieren und in konstruktiven Maßnahmen umzusetzen.
Die Abteilung MPT beschäftigte sich mit dem physikalischen und rechnerischen Arbeiten sowie einem umfangreichen Versuchsprogramm.
Die Abteilung PSG nahm sich aller praktischen Belange an. Auch die Praktiker aus dem Gerüstbau
und der Taklerei hatten zahlreiche Details
überdacht und zum gelingen
des ganzen wesentlich beigetragen.
Am Sonntag haben wir eine wesentliche Voraussetzung für die weitere Abwicklung unseres
Europa-Tank-Bauprogramm geschaffen.
Turbinentanker
„Vassiliki Colocotronis“
Bau-Nr.1391
Stapellauf am 8. März 1975
Am Sonnabend den 8. März 1975 lief um 11 Uhr der
zweite Europa-Tanker vom Helgen
der AG „Weser“.
Das Werftgelände war aus Sicherheitsgründen
für die Öffentlichkeit beim Stapellauf nicht freigegeben worden.
Trotzdem nahmen am Stapellauf tausende Schaulustige am Weserufer an dem Ereignis teil.
Auf der Werft waren einige hundert Ehrengäste
aus ganz Europa, an dem Großereignis
im Bremer Schiffbau, anwesend.
Die Gattin des Krupp-Bevollmächtigten Berthold Beitz,
Frau Else Beitz taufte den Super-Giganten
auf den Namen „Vassiliki Colocotronis“.
Unter den ohrenbetäubenden Schiffssirenen
der anwesenden Schiffe glitt der Schiffsneubau
in sein Element.
Während des Stapellaufs war der Schiffsverkehr auf der Weser gesperrt worden.
Der Mammuttanker
„Vassiliki Colocotronis“
wurde von der Londoner Colocotronis Gruppe bei
der AG „Weser“ in Auftrag gegeben.
Der Europa-Tanker hat eine Länge
von 370m und einer Breite von 64m,
eine Seitenhöhe von 28,6m
sowie einem Tiefgang von 22,6m.
Durch eine Getriebe-Dampfturbine von 45000 WPS
ist das Schiff in der Lage
eine Geschwindigkeit von 16 kn zu erreichen.
Um die Größe des Tankers zu verdeutlichen!
Auf dem Deck des Giganten hätten fünf Fußballfelder platz.
Der Tankinhalt würde 315.000 Autofahrer ein Jahr lang mit Benzin versorgen.
Stellt man den Tanker senkrecht auf,
würde er der höchste Turm in Europa sein
und den Fernsehturm in Ostberlin noch um
neun Meter übertreffen.
Das Fahrtgebiet der „Vassiliki Colocotronis“
war zwischen den arabischen Erdölförderländern und Europa.
Erprobungsfahrt
4. Juli 1975
Am Freitag morgen den 4.Juli 1975 um 9.00 Uhr lief die "Vassiliki Colocotronis" zu ihrer Probefahrt aus dem Werfthafen aus.
Vor den vielen Zuschauern begann die Überführung nach Bremerhaven mit einem Wendemanöver im Werfthafen der AG „Weser“.
An dem Wendemanöver des Tankers nahmen mehrere Schlepper teil.
Der Gigant mit einer Länge von 370 Metern und
einer Breite von 64 Metern
sowie einer Höhe der Schiffswand von einem
neunstöckigen Wohnhaus nahm bei Tidehochwasser
seine fahrt auf.
Die Schraube des Tankers lief mit langsamer Geschwindigkeit bei circa 5 Knoten zur Unterstützung der Schlepper mit.
Bei Schiffen dieser Größenordnung erwies sich
das Vegesacker Knie immer als Nadelöhr
bei den Überführungen.
An dieser Stelle macht die Weser einen Knick von 80 Grad. Im weiteren Verlauf der Weser gab es einige
Engstellen wo backbord und steuerbord
nur 15 Meter Platz zur Verfügung standen.
Deshalb wurde der Strom für die übrige Schifffahrt gesperrt.
Flussabwärts durften Schiffe nachfolgen, nachdem der Supertanker die Engstellen passiert hatte.
Die nachfolgenden Schiffe gaben dem Schiffsneubau das Geleit bis nach Bremerhaven.
Am 11.07.1975 wurde der Europa-Tanker der Reederei übergeben.
Quellenangabe:
Weser Kurier, Bremer Tageszeitung
Aktuelles kurz berichtet-Infoblatt der AG "Weser"
Text J.Suhling
Fotos Nobert Handt
Ansichtskarten, Fotos Slg. J.Suhling